GUSTAV-EBERLEIN-FORSCHUNG e.V.


B I O G R A P H I E und W E R K
(leicht veränderter Nachdruck aus dem Werkverzeichnis, Rolf Grimm 1983)


Anm.: Die in Klammern stehenden Zahlen beziehen sich auf die Nummern der rd. 600 Abbildungen im Werkverzeichnis.



Die Darstellung des LEBENS kann sich - im Hinblick auf die in Kürze erscheinenden Werke (Anm.: die Biografie (Günther Kaerger) ist 1983 erschienen, siehe Literaturverzeichnis) - hier auf die notwendigsten Fakten in der Form beschränken, dass nur die den Weg als Künstler beeinflussenden Umstände dargelegt werden.

Die prägende Kindheit erlebt der am 14.07.1847 als Sohn des schon mit Napoleon nach Russland gezogenen, "unternehmungslustigen" Grenzaufsehers (Braunschweig / Hessen- Kassel) J.J. Eberlein (920) und der gläubigen Bauerntochter Margarethe Bein, die der Vater in zweiter Ehe geheiratet hatte, im abgeschiedenen "Hänflingsnest" Spiekershausen (Staufenberg/ Nds.), einem damals 130-Seelen-Dorf an der Fulda zwischen Hann. Münden und Kassel.

Vom 8. bis 19. Lebensjahr hat es der junge Eberlein in der Kleinstadt Hann. Münden - sein Vater wurde hierher versetzt (Jugendhaus) - schwer, sich wegen seines künstlerischen Interesses mit den Gleichaltrigen zu verstehen. Er ist ein Außenseiter mit nur wenigen gleichgesinnten Freunden.

Nach der Lehre als Goldschmied in Hildesheim und einer Gesellenzeit in Kassel kann er durch die Förderung eines Pastors und eines Fabrikbesitzers (Schwanhäuser, 71) von 1866 - 1869 die Kunstschule in Nürnberg (August von Kreling) besuchen und hier ein Stipendium für die Fortsetzung als Hospitant an der Kunstakademie in Berlin gewinnen. 1869 wird Eberlein auf der Kunstausstellung in München mit Werken des 16 Jahre älteren Reinhold Begas "konfrontiert", - ein weiteres prägendes Erlebnis, wie er in "Meine Jugend- und Lehrjahre" schreibt (Quellenverzeichnis).

In Berlin ist Eberlein zunächst in den Ateliers von Afinger und Blaeser (924) beschäftigt. 1872 gewinnt er ein Stipendium für einen Romaufenthalt, - ein weiteres wesentliches Erlebnis. Michelangelo in Verbindung mit der "antiken" Landschaft und den Menschen Italiens ist fortan sein Leitbild.

"Hoffähig" wird Eberlein durch die (Liebes-) Heirat im Jahre 1873 mit Helene von Frankenberg (925, 926). Allerdings lebt das Ehepaar bis um 1880 in Berlin in bitterster Not (842). Gefördert wird Eberlein in dieser Zeit vor allem durch den Architekten Martin Gropius, der ihm 1874 im Keller der Kunstgewerbeanstalt (Preußen-Ausstellung 1981) einen Raum für Bildhauerarbeiten kostenlos zur Verfügung stellt.

1882 trifft Eberlein ein schwerer Schicksalsschlag, als der 3-jährige Sohn "Anzio" (922, 923) stirbt. Zusammen mit dem Tod der geliebten Mutter (1888) führt dieses zu einem "Schub" der Mutter-Kind-Darstellungen und zu christlichen Werken.
1891 wird die erste Ehe geschieden. 1892 heiratet Eberlein die Gräfin Maria von Hertzberg, eine junge Künstlerin (449, 935).

Von 1890 bis 1914 hat Eberlein - vor allem durch die Vielzahl der Hohenzollern- und Großdenkmäler (Wagner, Goethe) - künstlerischen und wirtschaftlichen Erfolg.
1887 als Mitglied in die Akademie der Künste aufgenommen, wird er 1893 zum Professor ernannt. Ein Kaiserbesuch, ein Bericht darüber ist bei Alfred Kerr nachzulesen, findet mehrfach im Atelier am Lützowufer statt. Die Presse berichtet ständig über den Fortgang seiner Arbeiten.

In Hann. Münden errichtet er - jeweils "oberhalb der Stadt" - zwei Wohnsitze (Eberburg, Weserkastell, II). Im Schloss baut er auf eigene Kosten Räume zu einem damals viel besuchten "Eberlein-Museum" um (III). Heute ist es nur noch ein Torso (IV, V). Auf der Eberburg hat er ein Atelier, in dem er - neben Berlin und Rom - ständig arbeitet (I).

Auf die innere Krise, welche durch die verletzende Zurückweisung einiger Werke aus der Großen Berliner Kunstausstellung 1900 (nachdem ihm noch 1897 eine Sonderausstellung eingeräumt war, V) verursacht wurde, weil er sich mit einem naturalistischen, Meunier und Rodin angenäherten Stil in den Gegensatz zur Staatskunst setzte, wird später noch einzugehen sein.

Seit 1904 kann er in Deutschland nur noch wenige größere Aufträge gewinnen; dafür bieten ihm Nord- und Südamerika ein weites Beschäftigungsfeld (u.a. Nationaldenkmal Argentinien, 215).
Seine zweite Scheidung 1912 und die Abneigung gegen Krieg führen zu Auswanderungsplänen (Versteigerung seines nahezu gesamten beweglichen Besitzes 1913, X). Diese kommen jedoch nicht mehr zum Zuge, zumal Kommerzienrat Woog, Berlin (180), in Bingen/Rhein ein "Eberlein-Museum" finanziert hatte, das jedoch wegen des Kriegsausbruchs nicht mehr bezogen wird.

Während des 1. Weltkrieges zieht sich Eberlein vor allem zur Erarbeitung von Kolossalreliefs in das Berliner Atelier (VI, VII), das er zum Museum ausbaut, zurück, porträtiert daneben noch eine Vielzahl hoch gestellter Persönlichkeiten.

In der Nachkriegszeit entgeht Eberlein - relativ verarmt - nur durch die Fürsorge des von ihm als Tochter angenommenen Hausmädchens und einiger Verwandter dem Ruin.
Er ist nach Kriegsende nahezu zwangsläufig der Anfeindung vieler Kritiker ausgesetzt, die dem Bildhauer vorwerfen, zugleich Marx (514) und den abgedankten Kaiser (184) dargestellt zu haben. Eberlein kommt so persönlich und künstlerisch immer mehr in einen Konflikt mit seiner Umgebung.

Er stirbt am 05.02.1926 verbittert und im Gefühl, verkannt worden zu sein 79-jährig fern von seinem geliebten Hann. Münden. Sein Grab besteht nicht mehr (Anm.: Seit 1990 auf Betreiben der Gustav-Eberlein-Forschung e.V. Ehrengrab neben der Frauenrechtlerin Minna Cauer auf dem Alten St. Mätthäikirchhof in Berlin, Kreuzberg).
Noch heute in Berlin lebende Bekannte von Eberlein (Anm.: Sie sind inzwischen verstorben.) schildern ihn als nicht sehr groß, oft kränklich, ehrgeizig, von der Arbeit besessen und doch kontakaktfreudig, gebildet, vornehm, zurückhaltend, auch zu einfachen Mitarbeitern kollegial, tolerant und sehr gutmütig.

Eberlein als Menschen kann man am besten aus seinen Gedichten und der Prosa, die - wie auch seine anderen Werke - immer einen Bezug zu inneren und äußeren Geschehnissen hatten, kennenlernen. Mit dem Brand des Ateliers auf der Eberburg in Hann. Münden sind 1932 bedauerlicherweise fünf umfangreiche, unveröffentlichte Manuskripte mit Lebenserinnerungen untergegangen.


W E R K

Bei der Kurzdarstellung des Oeuvres versucht der Verfasser sich einer Wertung aus heutiger Sicht weitestgehend zu enthalten. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass Eberlein in der Zeit von 1890 bis 1905 mit Sicherheit einer der populärsten und auch am meisten der Kritik ausgesetzte Bildhauer des Deutschen Reiches - neben Reinhold Begas in Berlin und Adolf von Hildebrand in München – war (Anm.: Dieses Urteil sieht der Verfasser heute "differenzierter".).

In Argentinien und Chile galt er um 1910 als "der" deutsche Bildhauer schlechthin, wie Presseberichte belegen.

Die Vielzahl der ausgestellten und prämierten Werke auf internationalen Kunstausstellungen, hauptsächlich in Berlin, München und Wien - aber auch auf Weltausstellungen in Paris, Chicago und St. Louis - zeigt, dass Eberlein zu seiner Zeit eine Anerkennung fand, die sich in der Verleihung hoher, auch internationaler Kunstorden widerspiegelte. Am Ende seines Lebens war Eberlein nur noch einem relativ kleinen Kreis bekannt. Die neuen Stilrichtungen, von denen zu jener Zeit die eine die nächste schon wieder abgelöst hatte, "überrollten" ihn.

Im Rahmen dieses Werkverzeichnisses auf die Einbettung des Schaffens Eberleins in die gesamte Kunstszene der damaligen Zeit einzugehen, muss und kann hier unterbleiben, - zumal eine Dissertation hierüber zu erwarten ist (Anm.: Sie liegt für den Bereich der "öffentlichen Denkmäler" vor; siehe Literaturverzeichnis).

In der umfassenden Veröffentlichung "Das Klassische Berlin, - die Berliner Bildhauerschule des 19. Jahrhunderts", Peter Bloch / Waldemar Grzimek, Berlin 1978 (Anm.: neu herausgegeben 1994) wird Eberlein wie folgt "eingestuft":

Bildhauer der GRÜNDERJAHRE
Alexander Calandrelli (1834 - 1903)
Rudolf Siemering (1835 - 1905)
Rudolf Pohle (1837 - )
Ferdinand Hartzer (1838 - 1906)
Fritz Schaper (1841 - 1919)
Otto Geyer (1843 - 1914)
Erdmann Encke (1843 - 1896)

Bildhauer des NEUBAROCK
Reinhold Begas (1831 - 1911)
Ernst Herter (1846 - 1917)
Otto Lessing (1846 - 1912)
Gustav Eberlein (1847 - 1926)
Max Klein (1847 - 1908)
Joeph Uphues (1850 - 1911)
Adolf Brütt (1855 - 1940)
Ludwig Manzel (1858 - 1936)
Gerhard Janensch (1860 - 1933)
Walter Schott (1861 - 1938)
Wilhelm Haverkamp (1864 - 1929)

Bildhauer des NEUKLASSIZISMUS
Adolf von Hildebrand (1847 - 1921)
Peter Breuer (1856 - 1930)
Louis Tuaillon (1862 - 1919)
Nikolaus Friedrich (1865 - 1914)
Reinhold Felderhoff (1865 - 1919)
Arthur Lewin-Funcke (1866 - 1937)
Constantin Starck (1866 - 1939)
August Kraus (1868 - 1934)
August Gaul (1869 - 1921)
Fritz Klimsch (1870 - 1960)

Die BREITE DES SCHAFFENS ist groß: . . . . .
                                                                                   SKULPTUR, MALEREI, DICHTUNG
.

Innerhalb der Bereiche Skulptur und Malerei
sind eindeutig folgende Themenschwerpunkte festzustellen:

Themen der Antike,
Themen des Glaubens - Grabmale,
Bauplastik,
Darstellung der Hohenzollern und von Persönlichkeiten des Geisteslebens,
Darstellung von Mutter / Kind - Paaren - Mädchen / Frau - Jüngling / Mann -,
Porträtdarstellungen,
Kunstgewerbliche Arbeiten.

In der Malerei fehlen naturgemäß die Themen der Großplastik.
Es kommen Landschaften und Allegorien hinzu.

Im Vordergrund des bildnerischen Schaffens steht bei Eberlein der Mensch.
Die Bewunderung der Frau - besonders als Mutter - und des unbekleideten Körpers allgemein nimmt bei ihm breiten Raum ein.


Es lassen sich SCHAFFENSPERIODEN, die zugleich STILPERIODEN sind, erkennen.

Hier ist es bei Berücksichtigung der Tatsache, dass die Stellung des Künstlers, besonders des Bildhauers, in jener Zeit noch mehr vom Auftraggeber abhängig war als heute, interessant zu beobachten, ob einem Werk ein bezahlter Auftrag zugrunde lag oder ob es Eberlein "für sich" schuf.

P E R I O D E N
(1870 Ende des Studiums in Nürnberg; ab 1884 "selbständig" in Berlin)

1870 - 1885
Eberlein erhält Aufträge zu Großplastiken für bedeutende öffentliche Gebäude (Universitäten, Theater, Reichstag u.a.) durch fördernde Architekten wie Martin Gropius. Das Thema ist jeweils vorgegeben; es wird "formal" behandelt.

Rokokoähnliche Gips-Kleinplastiken - vielfach nachgegossen - erhalten das Ehepaar Eberlein im damals "brutalen" Berlin am Leben. Es wäre nach Ansicht des Verfassers verfehlt, Eberlein z.B. nur nach diesen Werken (328-331,403) beurteilen zu wollen. Einen besseren Einblick in das Können des noch jungen Künstlers geben die Zeichnungen zu dem Gedichtband "Riekchen Niedlich" (660 ff; 1875/ 85/ 90) sowie von der Antike / Michelangelo beeinflusste Skulpturen, wie der "Dornauszieher" (1-9).

1885 - 1895
Eberlein erhält Aufträge zu einer Vielzahl von Hohenzollern-Darstellungen "zu Pferd und zu Fuß" aufgrund von Wettbewerbserfolgen. Dem Verfasser ist kein anderer Bildhauer bekannt, welcher mehr Wettbewerbe für derartige Denkmäler gewonnen hätte.
Die Aufträge für die Siegesallee (177, 178) stellen vor 1900 das Ende dieser Thematik dar.
Die Kolossal-Reiterstatuen, oft als Galvanoplastiken für mehrere Denkmäler schablonenhaft verwendet, verbessern Eberleins Finanzen "kolossal".
die malerischen Marmor- oder Bronzegruppen am Fuße der Sockel - Kennzeichen des Eberleinschen Neubarock - zeigen das Talent und das wahre Engagement des Künstlers. Gut zu sehen ist dieses bei den erhaltenen Figurengruppen für das Grimm-Denkmal in Hanau (Entwurf; 196) und für das Kaiser-Wilhelm-I-Denkmal in Hamburg-Altona (168).

Persönlich wendet sich Eberlein infolge der oben geschilderten Lebensereignisse den reizenden Mutter / Kind- und Psychedarstellungen zu, - dieses auch in der Malerei.
Es sei hier darauf hingewiesen, dass Eberlein grundsätzlich sehr eng nach der Natur, d.h. nach Modellen, deren körperliche "Schwächen" er nicht idealisierte, gearbeitet hat (16).
die Vielzahl der Portraitbüsten in dieser Periode deutet auf den inzwischen erreichten Bekanntheitsgrad Eberleins hin. "Man" ließ - auch später - bei ihm arbeiten.

Trotz der Fülle an Kolossaldenkmälern und Kleinplastiken konnte Eberlein zusätzlich noch den künstlerisch reich illustrierten Gedichtband "Aus eines Bildners Seelenleben" (1890/92) veröffentlichen (IX).

1895 - 1900
Das Oeuvre dieser Periode - künstlerisch wohl die entscheidendste für Eberlein - ist weitgehend nicht von finanziellen Überlegungen abhängig. Er schafft die Mehrzahl der Werke ohne Auftrag.
Geprägt ist diese Periode von der Darstellung christlicher Themen, - auch in der Malerei. Werke, wie der "Adam-Eva-Zyklus", sind gekennzeichnet durch eine schonungslose naturalistische Darstellung des Menschen, die einem "Expressionismus" nahe kommt. Sie geht nach Ansicht des Verfassers "in Teilen" über Rodin und Meunier hinaus.
Die Gruppen "Adam und Eva am Ende ihres Lebens" (48) und der "Geist Bismarcks" (180) sind "schrecklich", - so erschreckend, dass 16 Werke aus der Großen Berliner Kunstausstellung 1900 auf höchste Weisung gegen den Protest - nicht nur der Berliner Architektenschaft - entfernt wurden. Zu diesen Werken gehört auch der Arbeiter-Studienkopf "Sackträger" (458).

Die Unruhe, von der Eberlein ergriffen sein musste, zeigt sich besonders in seinem schriftstellerischen Werk "Michelangelo nebst anderen Gedichten und Gedanken über die Kunst" (1902).
Neben nachdenklichen Betrachtungen, wie z.B. über die "Ewigkeit von Kunstwerken" (S.92), "Vergangene und zukünftige Kunst" (S.121) und "die Kunst des sterbenden Jahrhunderts" (S.190), sowie einem "Aufruf zum Frieden und gegen die Aufrüstung" (Stellungnahme zum Zarenmanifest; 1898; S.197) enthält der Band u.a. Zukunftsvisionen über die "Neugestaltung des gesellschaftlichen Lebens in Berlin" (S.109) und "Berlin nach 100 Jahren" (S.165).
Die Konfrontation Eberleins mit der staatlichen Kunstauffassung zeigt sich darin, dass er im März 1900 zu einem der Wortführer gegen die angestrebte staatliche Bevormundung, unbekleidete Aktmodelle zu verbieten bzw. die Darstellung des Nackten zu unterbinden, wird ("Lex Heinze"; S.113, 130, VIII). Hierbei hat er die gesamte Künstlerschaft Berlins hinter sich.

1900 - 1906
Der große Erfolg im Wettbewerb um das Richard-Wagner-Denkmal (207) und der Auftrag (!) des Kaisers zu dem kolossalen Goethe-Denkmal in Rom (208) "beenden" - zumindest äußerlich - die vorhergegangene "krisenhafte" Periode.

Der erzählerische, phantasievolle Zauber allegorischer Gruppen an den Denkmalsockeln wird wieder aufgenommen und zu voller Blüte gebracht. Malerische, teilweise zarte erotische Elemente verwendet Eberlein bei den mannigfaltigen Paardarstellungen. Sie werden so populär, dass die Gießerei Gladenbeck, Berlin, sogar die Produktion von Werken aus der Zeit um 1890 wieder aufnimmt. Auch Portraitbüsten werden wie bisher in großer Zahl geformt.

Es ist eine "Flut" von Werken, die in Eberleins Ateliers in Berlin, Hann. Münden und Rom entsteht, sodass die "Illustrirte Zeitung" (LIZ) berichtet: "Eberlein lässt (!) gegenwärtig in seinem Atelier arbeiten an . . . . ".
Neben diesen Arbeiten nimmt sich Eberlein die Zeit, in der Fotomappe "Das Goethemonument in Rom und andere Werke" (1904) einige seiner neuesten Schöpfungen neben denen des Goethedenkmals zu zeigen.

Der Gedanke, wie Eberlein bei all dieser ungeheuren Kreativität zusätzlich - ohne erkennbare Hilfe - seine Finanzen und die sonst notwendige Organisation im Sinne eines "Managers" regeln konnte, lässt Fragen offen.

1906 - 1914
Die "anderen" Stilrichtungen - gestützt auf Künstlergruppen - haben sich durchgesetzt. Um das Virchow-Denkmal (211; 1905 - 1. Preis: F. Klimsch, 2. Preis: G. Eberlein) entbrennt ein Streit um Kunstrichtungen. Er ist zugleich eine politische Auseinandersetzung.

In dieser Zeit wendet sich Eberlein verstärkt der "freieren" Malerei zu. Für 1907 plant er eine Gemäldeausstellung. Die Mehrzahl der im Versteigerungskatalog 1913 (s. Tabelle; X) aufgeführten Bilder dürfte in dieser Zeit entstanden sein.

Ab 1908 wirkt Eberlein als "Botschafter des Kaisers" (mit Diplomatenpass !) in New Yorck, Kuba, Chile und insbesondere in Argentinien (215-255; u.a. Nationaldenkmal in Buenos Aires). Es entsteht dort eine Fülle von größeren Werken.

Vor Beginn des 1. Weltkrieges gestaltet er - in der Überzeugung, dass Deutschland angegriffen wird - Werke mit vaterländischen Themen sowie Portraitbüsten des "Herrscherhauses" und von Feldherren für das schon genannte "Eberlein-Museum" in Bingen (VII).
Er führt somit Aufträge in einem Themenkreis fort, von dem er sich augenscheinlich vor 1900 hatte lösen wollen.

Als "Einzelgänger" kann sich Eberlein für ein "freieres Schaffen" nicht auf einen "Kreis" stützen. Auch hat er keine namentlich bekannten Schüler, die ihn hierin bestärkt hätten. Dazu kommt, dass persönliche Schwierigkeiten (2. Scheidung; Pläne zur Auswanderung nach Argentinien) ihm keinen Halt für ein konsequentes Handeln zu geben vermochten.
Stilistisch zeichnen sich Eberleins Werke in dieser Periode - weniger erkennbar an den in Südamerika entstandenen Arbeiten - durch eine straffe plastische Durcharbeitung aus (84,480). die Beherrschung großer Gruppen, d.h. Unterordnung des Details unter den Gesamtentwurf - bei aller sorgfältigen Durcharbeitung der Einzelheiten -, ist ihm selbstverständlich.
Einige Darstellungen von Paaren und Einzelfiguren der Kleinplastik (377,315) entsprechen stilistisch dieser Strenge, sind von der Thematik jedoch schwer einzuordnen bzw. zu verstehen.

1914 - 1918
Während des Krieges nimmt Eberlein - nach zwei Werken um 1905 (17,18) - die Reihe der antiken Themen (1880 - 1895) mit der Herstellung einiger riesiger Reliefs, deren Auftraggeber bzw. Verwendung nicht bekannt ist, wieder auf. Im Werk "Homer singt die Iliade und die Odyssee" (27) spiegelt er allegorisch den Zeitzustand wider.
Eberlein zieht sich vom Tagesgeschehen auffällig zurück. Er scheint - wohl auch aus finanziellen Gründen - jetzt und später wieder gemalt zu haben. Es sind jedoch leider nur wenige Bilder aus dieser Zeit bekannt. Es heißt, dass in der Nachlassauktion 1928 über 100 Gemälde nicht versteigert werden konnten. Für das Auffinden des Kataloges sind DM 1.000,-- als "Belohnung" ausgesetzt!

Die Entwürfe zu Gefallenen-Mahnmalen, zu deren Gestaltung er in der Presse seine Meinung darlegt, zeigen eine sehr strenge, teilweise auf den Grundformen aufbauende Plastik, die von seinem bisherigen Schaffen deutlich abweicht. Mit dem Grabmal auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee (86) steht er auf der Höhe der damaligen Architekturauffassung.

1918 - 1926
Das Kunstschaffen dieser Periode scheint eher ein Problem der Persönlichkeit Eberleins, als ein Problem seines (technischen) Könnens zu sein. Die Darstellung Lassalles, Engels, Bebels und Marx (226,512-514) zugleich mit der des "Kaisers im Exil" (184) war nach dem bisher geschilderten Weg Eberleins kein künstlerisches Problem. Allein schon die Thematik musste ihn für Auftraggeber - egal welcher Richtung - zumindest uninteressant machen.

Eine "Flucht in mehr Abstraktion", d.h. ein bewusstes Weggehen von dem Problem "Thematik" hin zu einer unverfänglichen "Stilform", wäre für Eberlein - nicht erst nach Ende des 1. Weltkrieges - nach Ansicht des Verfassers ein Weg zu einer Anerkennung auch dieser Periode seines Schaffens in der heutigen Zeit gewesen. Allein hierfür war er durch seine bisherige künstlerische Bahn nicht vorgeprägt, bedingt auch durch die Herkunft und Schulbildung, der abstraktes Denken sicher nicht nahe lag, - nicht zuletzt auch durch sein hohes Alter.

So könnte - vorsichtig formuliert - der Entwurf zu der "Siegessäule des Films", gekrönt von Asta Nielsen (227), eher als ein "Zurückwünschen der Jugend", die Darstellung der "Stillenden Mutter! (279) als eine Regung der Rührung bei der Geburt des Sohnes Anziano der angenommenen Tochter und die Schaffung des letzten, eindrucksvollen Kruzifixes (66) als ein "Sich-Ergeben in die Zwangsläufigkeit des Schicksals" gewertet werden.

Diese Ansicht wird durch einen späten, erschütternden Brief des 79-jährigen Eberlein an einen Freund in Hann. Münden durchaus belegt. Besonders diese Arbeiten Eberleins sind eigentlich nicht mehr als "Kunstwerke", sondern nur noch als Lebensäußerungen zu verstehen, die sich weitgehend der Beurteilung des Kunsthistorikers entziehen.

Der Autor schließt sich er Meinung derer an, die sagen, man solle Prof. Gustav Eberlein als Künstler nach seinen besten Werken beurteilen (Anm.: Meine zu einseitige Sicht von 1983 vertrete ich heute so nicht mehr. Gerade im Abwägen der Werke vor dem Hintergrund des Entstehens und in der Vielschichtigkeit, die besonders in seinem viel zu wenig beachteten schriftstellerischen Werk zu erkennen ist, liegt der Reiz. Prof. Dr. Peter Bloch benutzt in seiner Veröffentlichung "Gustav Eberlein - Größe und Grenzen eines Bildhauers in Wilhelminischer Zeit" diese "Methode" (siehe Quellenverzeichnis).


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Rolf Grimm
Letzte Änderung:
13.06.2013